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-rw-r--r--OEBPS/Text/12.xhtml102
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new file mode 100644
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--- /dev/null
+++ b/OEBPS/Text/12.xhtml
@@ -0,0 +1,102 @@
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+<!DOCTYPE html>
+
+<html xmlns="http://www.w3.org/1999/xhtml">
+<head>
+ <meta http-equiv="Content-Type" content="text/html; charset=utf-8" />
+ <link href="../Styles/style.css" rel="stylesheet" type="text/css" />
+ <title>...liner Roma... - 12.</title>
+</head>
+<body>
+
+<div class="prose">
+
+ <h3 class="center">12.</h3>
+
+<p class="intro">
+L.F. Cafe Josty Freitag, Adresse wiederholen, wichtig
+Sporendank, Zürich entschlossen. Vorsicht Postl. 27, Amt 12.</p>
+
+<p class="clearb">
+„Heh! Heh! Pst! Wiga!“ – Er springt einen kühnen Satz vom
+Autoomnibus. Das lernt sich hier. „Ich habe Eile, aber ein
+Stück begleite ich dich.“ Wie geht dir's Gustav?
+„Manchmal... heute... hat Berlin einen Himmel. Ich bin
+dabei, meine Schulden zu bezahlen und zu schenken. Mein
+Drama ist honoriert, ein guter Freund von mir hat es ..“ Du
+hast viele gute Freunde? – „Mehr Freundinnen.“ – Ich träumte
+gestern von dir, Gustav. In der Kirche. – „In welcher? Es
+sind ihrer viele hier, manche so verbaut, daß man jahrelang
+täglich vorbeigeht, ehe man sie hinter Plakaten, zwischen
+einem Kino und einem Palast der Lebensversicherung entdeckt.
+Auch richtige Gebete und zauberstarke Frömmigkeit gibt es
+hier.“ - Übrigens Gustav: Ich bin verheiratet. Willst du
+morgen bei uns essen? Notiere unsere Telephonnummer... –</p>
+
+<p>
+Es ist eine andere, eine kleine, kluge Frau, die
+Rotweingläser auf den sauberen Tisch zwischen den beiden
+parallelen Räkelpolstern stellt. Und selbst nie sentimental,
+doch gut, treu, zieht sie Kösters rührsame Spieluhr auf. -
+Miezko, lasest du mein Manuskript? – Ja, manches verstehe
+ich nicht. – Muß man denn, kann man alles verstehen? – Nein,
+aber warum verschüttest du die Schönheiten? – Trüffeln
+stecken immer tief im Dreck. – Aber, Stävle, ich bin doch
+kein Trüffelschweinchen! – Nein, ich schreibe doch auch kein
+Dreckchen. Es sind Fetzen, aus Zeit und Ort herausgerissen,
+nicht die gute alte Zeit, nicht Gulitzsch an der Wipper....
+Das Band zerrissen und du bist... Ach, Miezko, ich bin heute
+so glücklich. Ich habe mich von Purmanns losgesagt. Nein,
+nicht jetzt, da ich für acht Tage Seligkeit bei mir habe,
+sondern vordem, als ich keine Kohlen und kein reines
+Nachthemd mehr besaß. – Aber Stävle, so, wie du mir die
+Leute gelobt hast, war es vielleicht doch etwas... – Nein,
+Miezko, ich log dich an zu Purmanns Gunsten, als ich
+erkannte, daß ich mich selbst belogen hatte, und daß
+Purmanns mich oder sich selber belogen hatten. Und ich
+bedankte mich, wo sie danken mußten, und steckte beschämt
+ihre Vorwürfe ein, wo ihr graues Haar... Soll ich mich um
+eine Erbschaft verkaufen? Ach, sprechen wir von anderem! Was
+erlebtest du inzwischen? – Miezko entzündet eine kleine
+Laterne mit Butzenscheiben und läßt die gebatikte Bühne von
+Weißgerber verlöschen. Vier schwache Strahlenbündel pendeln
+über merkwürdige Kupferstiche, über ostfriesische Möbel und
+keramische Niedlichkeiten. Frauenbeine schimmern durch ein
+warmes Violett. – „Es waren mancherlei Besucher bei mir, um
+ihre Sehnsucht nach München auszuschütten.“ - Nach München
+jener Zeit. Jetzt lebt es sich stärker, gesünder und
+schneller in Berlin. Hier tröstet die Vielheit der
+Erscheinungen und Erlebnisse... „Ja, Stävle, ich habe auch
+wieder Romane erlebt, seit du ..“ – Man entgeht ihnen nicht.
+Wir erleben sie, hören sie, lesen sie aus Zeitungen,
+Büchern, und selbst noch in der einsamsten Zelle auf den
+Oktavbogen, die wir vom augenspießenden Draht abreißen. Und
+sie kreuzen sich und verwirren sich wie die Bindfäden in
+Elfchens Schubfach. – „Kehlbaum hat hier eine halbe Flasche
+Cordial Medoc über Berlin verschimpft, das keine Kultur
+habe.“ – Nein, wenig. Es ist Fremde, unübersehbare,
+unerschöpfliche offene See, also Weg nicht Platz. Nur nicht
+als Wrack dort liegen bleiben, wo es verebbt oder
+zerschellt. Zuweilen landen, sich träge wonnig erholen, aber
+dann wieder hinaus. Hindernisse überwinden, ums Leben
+kämpfen, alle Sinne stets wach und gespannt, denn Strudel
+und Strömungen locken und drohen. Hinaus, um in der massigen
+Einsamkeit zu leiden. Woge um Woge, Moment um Moment.
+(Gustav küßt die Hände seiner Freundin.) Du verstehst mich.
+Man muß Berlin visionär genießen. – (Sie streichelt sein
+Haar.) – „Ja, es ist Meer. Manche reisen herbei, um sich
+darin zu baden oder auch nur zu waschen. Andern gelüstet
+nach abenteuerlichen Fahrten. Manche müssen untergehn.“ –
+Prosit Miezko! Wenn der Frühling die städtischen Anlagen
+beehrt, dann stehl' ich mir einen Zweig, daran zarte gelbe
+Wollwürstchen hängen, die duften wie: Alles wird einmal
+wieder gut. – Und die Sonne weckt paradiesische Seligkeiten
+aus kahlen Kalkwänden. – Miezko will antworten. Da poltert
+die Tür schreckhaft, und auf der Schwelle steht ein
+eleganter Neger, der einen Muff und eine Handgranate...</p>
+
+<hr class="fin" />
+
+</div>
+</body>
+</html>