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diff --git a/OEBPS/Text/der-ewige-tag/24-die-heimat-der-toten.html b/OEBPS/Text/der-ewige-tag/24-die-heimat-der-toten.html new file mode 100644 index 0000000..86f3534 --- /dev/null +++ b/OEBPS/Text/der-ewige-tag/24-die-heimat-der-toten.html @@ -0,0 +1,130 @@ +<?xml version="1.0" encoding="utf-8" standalone="no"?> +<!DOCTYPE html PUBLIC "-//W3C//DTD XHTML 1.1//EN" + "http://www.w3.org/TR/xhtml11/DTD/xhtml11.dtd"> + +<html xmlns="http://www.w3.org/1999/xhtml"> +<head> + <meta http-equiv="Content-Type" content="text/html; charset=utf-8" /> + <link href="../../Styles/style.css" rel="stylesheet" type="text/css" /> + <title>Die Heimat der Toten</title> +</head> +<body> + +<h3>Die Heimat der Toten</h3> + + +<h4>I.</h4> + +<p> +Der Wintermorgen dämmert spät herauf.<br /> +Sein gelber Turban hebt sich auf den Rand<br /> +Durch dünne Pappeln, die im schnellen Lauf<br /> +Vor seinem Haupte ziehn ein schwarzes Band.</p> + +<p> +Das Rohr der Seen saust. Der Winde Pfad<br /> +Durchwühlt es mit dem ersten Lichte grell.<br /> +Der Nordsturm steht im Feld wie ein Soldat<br /> +Und wirbelt laut auf seinem Trommelfell.</p> + +<p> +Ein Knochenarm schwingt eine Glocke laut.<br /> +Die Straße kommt der Tod, der Schifferknecht.<br /> +Um seine gelben Pferdezähne staut<br /> +Des weißen Bartes spärliches Geflecht.</p> + +<p> +Ein altes totes Weib mit starkem Bauch,<br /> +Das einen kleinen Kinderleichnam trägt.<br /> +Er zieht die Brust wie einen Gummischlauch,<br /> +Die ohne Milch und welk herunterschlägt.</p> + +<p> +Ein paar Geköpfte, die vom kalten Stein<br /> +Im Dunkel er aus ihren Ketten las.<br /> +Den Kopf im Arm. Im Eis den Morgenschein,<br /> +Das ihren Hals befror mit rotem Glas.</p> + +<p> +Durch klaren Morgen und den Wintertag<br /> +Mit seiner Bläue, wo wie Rosenduft<br /> +Von gelben Rosen, über Feld und Hag<br /> +Die Sonne wiegt in träumerischer Luft.</p> + +<p> +Des goldenen Tages Brücke spannt sich weit<br /> +Und tönt wie einer großen Leier Ton.<br /> +Die Pappeln rauschen mit dem Trauerkleid<br /> +Die Straße fort, wo weit der Abend schon</p> + +<p> +Mit Silberbächen überschwemmt das Land,<br /> +Und grenzenlos die ferne Weite brennt.<br /> +Die Dämmerung steigt wie ein dunkler Brand<br /> +Den Zug entlang, der in die Himmel rennt.</p> + +<p> +Ein Totenhain, und Lorbeer, Baum an Baum,<br /> +Wie grüne Flammen, die der Wind bewegt.<br /> +Sie flackern riesig in den Himmelsraum,<br /> +Wo schon ein blasser Stern die Flügel schlägt.</p> + +<p> +Wie große Gänse auf dem Säulenschaft<br /> +Sitzt der Vampyre Volk und friert im Frost.<br /> +Sie prüfen ihrer Eisenkrallen Kraft<br /> +Und ihre Schnäbel an der Kreuze Rost.</p> + +<p> +Der Epheu grüßt die Toten an dem Tor,<br /> +Die bunten Kränze winken von der Wand.<br /> +Der Tod schließt auf. Sie treten schüchtern vor,<br /> +Verlegen drehend die Köpfe in der Hand.</p> + +<p> +Der Tod tritt an ein Grab und bläst hinein.<br /> +Da fliegen Schädel aus der Erde Schoß<br /> +Wie große Wolken aus dem Leichenschrein,<br /> +Die Bärte tragen rund von grünem Moos.</p> + +<p> +Ein alter Schädel flattert aus der Gruft,<br /> +Mit einem feuerroten Haar beschwingt,<br /> +Das um sein Kinn, hoch oben in der Luft,<br /> +Der Wind zu feuriger Krawatte schlingt.</p> + +<p> +Die leere Grube lacht aus schwarzem Mund<br /> +Sie freundlich an. Die Leichen fallen um<br /> +Und stürzen in den aufgerissenen Schlund.<br /> +Des Grabes Platte überschließt sie stumm.</p> + + +<h4>II.</h4> + +<p> +Die Lider übereist, das Ohr verstopft<br /> +Vom Staub der Jahre, ruht ihr eure Zeit.<br /> +Nur manchmal ruft euch noch ein Traum, der klopft<br /> +Von fern an eure tote Ewigkeit,</p> + +<p> +In einem Himmel, der wie Schnee so fahl<br /> +Und von dem Zug der Jahre schon versteint.<br /> +Auf eurem eingefallenen Totenmal<br /> +Wird eine Lilie stehn, die euch beweint.</p> + +<p> +Der Märznacht Sturm wird euren Schlaf betaun.<br /> +Der große Mond, der in dem Osten dampft,<br /> +Wird tief in eure leeren Augen schaun,<br /> +Darin ein großer, weißer Wurm sich krampft.</p> + +<p> +So schlaft ihr fort, vom Flötenspiel gewiegt<br /> +Der Einsamkeit, im späten Weltentod,<br /> +Da über euch ein großer Vogel fliegt<br /> +Mit schwarzem Flug ins gelbe Abendrot.</p> + +</body> +</html> |